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GPK    24.01.2024

Gesundheitspolitisches Kolloquium zum Thema "Aktuelles von der Krankenhausreform"

Wie sehen die aktuellen Pläne des Bundesministeriums für Gesundheit für die Krankenhausreform aus?

Mit dieser Frage befasste sich das Gesundheitspolitische Kolloquium des SOCIUM am 24.01.2024. Prof. Dr. Boris Augurzky (u.a. Leiter „Gesundheit“ am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI)) berichtete über Aktuelles von der Krankenhausreform, deren Umsetzung Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in dieser Legislaturperiode anstrebt.

Warum brauchen wir eine Reform?

Die Gründe für den Reformdruck in der Krankenhauslandschaft seien laut Prof. Augurzky vielfältig und haben sich über die vergangenen Jahre mehr und mehr aufgebaut. So sei beispielsweise die Substanz der Kliniken in Bezug auf z.B. Baumaßnahmen oder Anschaffung moderner Geräte nicht mehr zeitgemäß, da in der Vergangenheit nur wenig Investitionen getätigt wurden. Gleichzeit fehle es zunehmend an Personal, insbesondere in der Pflege, wodurch Krankenhäuser vorhandene Betten nicht belegen können und damit geringere Einnahmen erzielten. Diese und weitere Umstände führen zu einem Ungleichgewicht zwischen den Bedarfen und den Ressourcen der Krankenhäuser, was, so der Referent, eine Steigerung der Effizienz in der Versorgung vonnöten mache. Der Bundesgesundheitsminister schlägt deshalb Veränderungen bei der Finanzierung von Krankenhäusern vor, die im Kern drei Hauptmaßnahmen vorsehen.

Was soll sich ändern?

Bisher werden Krankenhäuser für jeden behandelten Fall mit einer Pauschale vergütet. Dies soll sich nun ändern: Geplant ist, dass diese sogenannten Fallpauschalen zukünftig nur noch 50 % des Erlöses von Krankenhäusern ausmachen. Die anderen 50 % sollen aus der sogenannten Vorhaltevergütung fließen. Diese sieht vor, dass die Krankenhäuser Geld dafür erhalten, dass sie medizinische Versorgung vorhalten, unabhängig davon, wie viele Fälle sie behandeln. Dies sei vor allem für Krankenhäuser wichtig, die in ländlichen Regionen vorgehalten werden müssen, um der Daseinsvorsorge nachzukommen. Sie generieren in der Regel weniger Einnahmen durch Fallpauschalen und würden durch diese Änderung profitieren.

Um die Krankenhausplanung zu erleichtern, sollen sogenannte Leistungsgruppen definiert werden, die dann für alle Krankenhäuser in Deutschland verwendet werden sollen. Diese Leistungsgruppen sehen Mindeststandards in Bezug auf Personal, Räumlichkeiten und Geräte vor. Nur wenn ein Krankenhaus diese Standards erfüllt, erhält es die Vorhaltevergütung für diese Leistungsgruppe und kann es Fallpauschalen für die Leistungsgruppe abrechnen. Dies führe zukünftig zu einer Bündelung der Leistungsgruppen und damit zu weniger Krankenhäusern insgesamt - diese gewährleisten allerdings eine höhere Qualität in der medizinischen Versorgung. Dies sei sinnvoll, da Studien bewiesen, dass gut ausgestattete Krankenhäuser bessere Ergebnisse erzielen. Dies zeige sich beispielsweise bei der Versorgung von Schlaganfallpatient:innen: Werden sie in Kliniken mit einer Stroke-Unit versorgt, erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass die Patient:innen ein Jahr später noch leben, um 25 %.

Durch die Bündelung von Leistungen an weniger Standorten als bisher, kann es zu Schließungen kleinerer Krankenhäuser insbesondere in ländlichen Regionen kommen. „Die Menschen brauchen aber eine lokale Anlaufstelle“, so Agurzky. Hierfür sehen die Reformen sogenannte „Level 1i Kliniken“ vor. Sollte ein Standort nicht mehr als Akutkrankenhaus weitergeführt werden, bieten Level 1i Kliniken die Möglichkeit, weiterhin die Erreichbarkeit von medizinischer Versorgung zu gewährleisten. Diese Häuser bieten wohnortnahe ambulante (z.B. ambulante Operationen) sowie pflegerische Versorgung (z.B. Kurzzeitpflege) und können so das Wegfallen einer Klinik auffangen.

Was denken die Teilnehmer:innen?

In der abschließenden Diskussion wurde die Skepsis der Teilnehmer:innen deutlich, die in dieser Legislaturperiode nicht mehr mit einem großen Wurf in Bezug auf die Krankenhausreform rechnen, da die Zeit dränge und durch die Schuldenbremse zudem das Geld fehle. Einigkeit bei den Diskutant:innen herrschte insbesondere dahingehend, dass die Vorschläge zu den Level1i-Kliniken großes Potenzial haben, um die Versorgung in der Fläche aufrecht zu erhalten.

Wie geht es beim Gesundheitspolitischen Kolloquium weiter?

Die Veranstaltungen des Gesundheitspolitischen Kolloquiums werden von Prof. Dr. Heinz Rothgang und Prof.in Dr. Eva Quante-Brandt moderiert und finden im Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5, 28195 Bremen statt. Eine vorherige Anmeldung ist nicht notwendig und der Eintritt ist kostenlos.
Im Wintersemester 2023/24 diskutieren wir mit ausgewählten Referent:innen über aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze für die Gesundheitsversorgung in Deutschland. Weitere Infos zu den kommenden Terminen finden Sie hier.

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